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»Pakkk« und »Bzzz« und…

Schlagzeuger Etienne Nillesen über seine Liebe zur Snare Drum, ihre Eigenheiten und über die Möglichkeiten, die eine Reduzierung auf dieses Instrument bietet.


Etienne Nillesen

Den Klang der Snare Drum kennt jeder! Ob Beatles, Ravels »Bolero«, Radiohead, Slipknot, Art Blakey And The Jazz Messengers, Miles Davis’ »Kind Of Blue « oder bei Helene Fischer – jeder hat schon mal diesen typischen Sound gehört und hat eine Vorstellung davon, wie so eine Trommel klingt. Quasi ein ›Pakkk‹ mit einem kurzen ›Bzzz‹. Vor allem der ›Bzzz‹ (produziert durch den Snare-Teppich an der Unterseite) ist typisch. Interessanterweise wird die Snare dabei fast immer auf die gleiche Art und Weise gespielt – und zwar vertikal mit Stöcken/Händen oder horizontal mit Besen. Trotz ihrer Vielfältigkeit und Präsenz in so vielen Arten von Musik, klingt ihr Sound mehr oder weniger immer gleich. Interessant und musikalisch wichtig, aber gleich. 

Meine Faszination für dieses Instrument hat schon früh angefangen. Mit drei Jahren begann ich Schlagzeug zu spielen, einige Jahre später folgte das Jazz-Schlagzeug-Studium am ArtEZ Konservatorium. Währenddessen habe ich zwei Jahre klassisches Schlagwerk studiert. Besonders dort sind die Möglichkeiten an unterschiedlichen Schlaginstrumenten fast unendlich, doch ich wollte damals schon nur die kleine Trommel spielen. Die Snare Drum.

Zu dieser Zeit schaute ich auch oft auf mein Jazz-Schlagzeug und stellte erstaunlicherweise immer wieder fest, dass die Felle auf den Toms wie neu waren und das Fell auf der Snare komplett schwarz und benutzt. Die Faszination für die Snare begleitet mich also schon mein ganzes Leben. Wenn ich mir ein Schlagzeug klanglich vorstelle, höre ich vor allem Snare Drum. Schon immer. Das Bedürfnis mich auf die Snare Drum zu konzentrieren wurde größer und größer. Wieso eigentlich auf die Snare? Das weiß ich auch nicht. Manchmal muss man einfach seinem Bauchgefühl und seiner Neugier folgen. So begann ich die Akustik der Snare Drum mit konventionellen sowie erweiterten Spieltechniken und Präparationen zu erforschen. Um herauszufinden und vor allem zu zeigen, was alles noch in einer Snare musikalisch drin ist. Immer öfter habe ich Teile des Schlagzeuges einfach zuhause gelassen, keine Toms mehr mit zu Konzerten genommen, nur ein Becken und Snare und Bassdrum. Dann habe ich nur noch ein Becken und Snare gespielt, bis ich mich irgendwann komplett auf die Snare Drum reduziert habe. Ein Schritt, den ich einfach machen musste!

Was alles in ihr steckt 

Wenn man sich so auf ein Instrument reduziert, bietet das ganz andere und neue Möglichkeiten, in die Tiefe zu gehen und musikalisch zu forschen. Die Grenzen der natürlichen Akustik der Snare Drum werden dadurch erweitert. Dazu nutze ich neben konventionellen Spieltechniken erweiterte Techniken sowie Präparationen. Daraus ergibt sich auch die Möglichkeit, Fragen zu beantworten, die man immer schon hatte, deren Beantwortung man aber vielleicht für unmöglich hielt. Kann man auf diesem Instrument Melodien spielen oder sogar Harmonien? Was passiert, wenn ich mich vor allem auf horizontale Bewegungen mit untypischen Gegenständen – die üblichen aber nicht ausgeschlossen – konzentriere? Ist es möglich Melodie, Harmonie und Rhythmus gleichzeitig auf einer Snare zu spielen? Wie kann ich diese Klänge in verschiedenen Musikstilen benutzen? Wie mischen sich dieser Ansatz und diese Klänge mit traditionellen Instrumenten und/oder Spielweisen? Welche Rolle habe ich in einer Band, wenn ich nicht mehr unbedingt der Schlagzeuger bin, der für den Groove verantwortlich ist? 

Mein Ziel ist es, eine Klangwelt zu kreieren, die unfassbar reich, voll und vielfältig ist – und das alles aus der Snare Drum herauszuholen. Zu zeigen was alles in ihr drin steckt. Wobei es schön klingen darf aber vor allem auch alles andere – dreckig, aggressiv, romantisch, singend, brutal, zart und so weiter. 

Das ist auch genau das, was ich in meinen Konzerten, solo (erweiterte Smare Drum) oder mit Ensembles/Bands wie Elisabeth Coudoux’ Emiszatett oder T.ON*, versuche: die Vielfältigkeit dieses großartigen Instruments zu zeigen. Ist es gewöhnungsbedürftig? Ja bestimmt, weil es nicht immer dem Klang entspricht, der uns so bekannt ist. Aber wenn man sich dafür öffnet, öffnen sich ein klanglicher Reichtum, eine Klangwelt und ein Mikrokosmus mit einer unglaublich faszinierenden Tiefe. Eine Welt an sich. Eine Welt und ein Instrument, die es verdient haben, mehr gehört zu werden! 

Text: Etienne Nillesen Foto: Günter Horn

Am 17.09.2020 erscheint das neue Album von T.ON bei IMPAKT- RECORDS. Das Release Konzert findet am 16.10.2020 im Stadtgarten in Köln statt. Mit Matthias Muche (Posaune),  Constantin Herzog (Kontrabass) Etienne Nillesen (Erweiterte Snare Drum)